Der 8. Weltgeschichtentag im Stadtkino Trostberg, mit bewegenden Geschichten
Geschichten werden überall auf der Welt erzählt. Die Jahrhunderte alte mündliche Erzähltradition erlebt zur Zeit eine Renaissance, deren Berechtigung an diesem facettenreichen Vormittag in begeisternder Weise zu erleben war.
Der Weltgeschichtentag entstand vor fast 20 Jahren in Schweden. Dass Geschichten, Märchen, Mythen und Parabeln eine besondere Bedeutung haben können, dass sie zum Denken anregen, berühren oder auch zum Lachen bewegen können war an diesem Vormittag in beeindruckender Weise zu erfahren. Das Motto der fünf Erzählerinnen war in Anlehnung an den internationalen Weltgeschichtentag die senegalesische Geschichte „Ein Korb voller Früchte“. Sie verdeutlicht in einfacher wie eindrücklicher Weise den Gedanken der Bewegung UBUNTU – ich bin, weil wir sind.
Ein Fremder versucht, die Kinder in einem Dorf zu einem Wettlauf zu einem Korb voller Früchte zu animieren. Die Kinder aber lassen sich nicht darauf ein, gehen ruhig zu dem Korb, verteilen die Früchte untereinander und erklären dem enttäuschten Fremden, dass niemand leer ausgehen soll, denn dann würden alle traurig sein.
Das alte russische Märchen „Die Rübe,“ lebendig erzählt von Jana Schwiede lud das Publikum ein, die Stärken gemeinschaftlichen Handelns zu erleben, indem eine Riesenrübe schließlich von allen zusammen aus der Erde gezogen und als Suppe verkocht gegessen wurde. Selbst Katze und Maus mussten Frieden schließen.
Um eine geheimnisvolle Suppe ging es auch zu Beginn der Veranstaltung. Ein seltsamer Fremder kocht eine Steinsuppe und die zunächst misstrauischen Dorfbewohner bringen schließlich viele Zutaten, so dass eine herrliche Suppe daraus wird, die sie mit dem Fremden zusammen verzehren. In ihr verschwanden schließlich Vorurteile und Misstrauen gegen den Fremden.
Die szenische Vortragsweise der Erzählerinnen war wie im wahren Leben.
Auch die Bremer Stadtmusikanten, begeisternd erzählt im bayrischen Dialekt von Lisa Sonderhauser thematisierten die Generation der Alten, die ausgemustert werden, jedoch durch eine Idee und den Mut, zusammen etwas zu erschaffen, schließlich Bremer Stadtmusikanten wurden. Vielleicht waren sie gar die Begründer der ersten Altengemeinschaft?
Mit der Geschichte von Lysistrata, die die Frauen von Athen und Sparta dazu brachte, sich den Männern zu verweigern, um den Krieg zwischen Sparta und Athen zu beenden, hat ihre Aktualität für die heutige Zeit und die Kriege in der Welt nicht verloren. Klara Führen trug sie eindrucksvoll vor und Thomas Kraus sang dazu ein sehr altes Lied aus der griechischen Liedkultur.
Mitreißend erzählte Angelika Dollner im schwäbischen Dialekt, wie ein Kobold das schöne Gemeinschaftsleben der kleinen Leute von Swoboda durcheinanderbrachte – passend für die heutige Zeit, wie man mit Fehlinformationen und falschen Behauptungen Verunsicherung schaffen kann.
Am Ende erlebte das Publikum eine wunderbare Parabel aus Afghanistan. Es geht dabei um das Licht einer Kerze, welches sich nicht verringert, wenn damit weitere Kerzen angezündet werden. Im Gegenteil, das Licht vermehrt sich. Diese einfache, eindrückliche Geschichte, wunderbar erzählt von Annette Hartmann, bleibt im Gedächtnis.
Thomas Kraus gestaltete mit seinen vielfältigen Instrumenten, unter anderem einer Flöte aus einer Karotte, den Rahmen um die Geschichten. Als krönenden Abschluss stellte sich das gemeinsame Singen zweier Kanons mit dem Publikum heraus. Im Foyer des Kinos traf man sich noch zu afghanischen Spezialitäten, und zum Nachklang des Erlebten.
Die vorgetragenen Geschichten haben an Aktualität nichts verloren wie auch andere Erzählungen aus der mündlichen Erzähltradition. So kann man sich auf das nächste Jahr um dieselbe Zeit auf den Weltgeschichtentag im Stadtkino Trostberg freuen.
Text: Annette Hartmann